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O.R.G.

Kunstorgane von DoZ Prim, Kapstadt

 

Eröffnung der Ausstellung durch unseren Freund und Kollegen,
den japanischen Architekten und Designer Takeshi Shikura am 29.07.2006

 

     

 

Entsprechend der Ausrichtung der Künstlergruppe A-part kommt es gerade auch bei den Werken von Dož Prim neben der skulptural-haptischen Durchdringung der künstlerischen Idee auf den konzeptionellen Ansatz der manchmal durchaus biographisch gefärbten Werke an.

Die partielle Verwendung von Vorgefertigtem, respektive Vorgefundenem in Kombination mit Gedachtem, erschafft so erst die vom Künstler kalkulierte Situation, in der Kunst, im Bewusstsein des Betrachters, sich sozusagen im Virtuellen zu materialisieren vermag.

Durch die wissenschaftliche Erforschung und Bearbeitung des künstlerischen Sujets mit Methoden und Verfahren der Naturwissenschaft und den subjektiv-substantiellen Möglichkeiten künstlerischen Schaffens gelingt es Dož Prim die von ihm immer wieder in allen Bereichen seines Schaffens angestrebte Ganzheitlichkeit in einem anthropologisch erweiterten Erfahrungshorizont punktgenau zur Geltung zu bringen und unsere Anschauung von dem was Kunst kann, wenn sie wirklich in ihrer ureigensten Kompetenz sich verlierend immer wieder neu erfindet, zu hinterfragen ohne die Tiefe der Bedeutung vordergründigen Effekten zu opfern.

Hier in dieser kultur- und länderübergreifenden Person des Künstlers evozieren sich quasi von selbst die Chancen und Möglichkeiten eines situativen Kunstbegriffs, wie er doch gerade in den westlichen Kulturkreises noch einer gewissen Rehabilitation bedarf.

In den Werken verbinden sich die differenten Erfahrungshorizonte mit den ebenso unterschiedlichen Kompetenzen als Vorreiter der Transplantations-chirurgie und der bulgarischen Kunst- und Wissenschaftsnomenklatura zu einem homogenen Kombinat aus Naturwissenschaft und Kunst.

Die auf den ersten Blick leicht hölzern wirkenden massiven Skulpturen vereinen sich mit der transluzenten Optik der weichen Plastikschläuche zu lebendig anmutenden Aggregaten. Das im Studium der Medizingeschichte erworbene Wissen um die ethischen Herausforderung der Medizin und der modernen Transplantationsmedizin im Besonderen führte zu einer Sensibilisierung der Frage Was sein soll, auch wenn es vorgeblich nicht sein darf.

Hier ist Grundlagenarbeit im gesellschaftlichen Umfeld der modernen Kunst und der modernen noch jungen Disziplin der Medizinethik geleistet worden, die in unserer vermeintlich hochentwickelten Gesellschaft noch der ihr würdigen Beachtung harrt.

Die Kunstorgane aus der Serie O.R.G. erscheinen mithin als Künder einer neuen Renaissance in der sich Naturwissenschaft und Kunst nicht nur berühren, sondern verbinden und ein Potential neuer Schöpfung und Schöpfungskraft am abendländischen Horizont erscheinen lassen, welche ihre Kraft aus der unverbrauchten Neugier der hervorragend ausgebildeten südosteuropäischen Kulturträger bezieht.

Bei den Titeln der einzelnen Plastiken handelt es sich um lautmalerische Übersetzungen aus dem Idiom der Transkei mit denen sich prädeterminierte Morphologien andeuten, die wir im folgenden einzeln zu erklären versuchen:

 

Kweld:

entsprechend der leicht gedrungen wirkenden Grundstruktur handelt es sich hierbei um einen Ausdruck den man mit "ruhender Kraft in die Welt ausstrahlend" bezeichnen könnte. Gemeint ist damit das Vermögen sich im Jetzt zu positionieren und aus dieser ruhenden Position aktiv Handelnder zu werden. Das aktive Tun, ohne Aktivismus ist hier das zentrale Element.

 

 

 

Astorl:

zentrifugal aufstrebende, raumgreifende und -besetzende, dabei sich selbst zentrierende Plastik, ließe sich am ehesten mit dem deutschen Begriff "Mittelmäßigkeit" übersetzen, meint dabei jedoch nicht die negativen Implikationen der fehlenden Inspiration zu Höherem, sondern bezieht sich dabei vor allem auf das Element der Mäßigkeit in der Mitte, was gerade in einem Land so vieler gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Umbrüche als ein Wert sui generis gesehen und geschätzt wird. Diese Plastik ist somit sicherlich das originär landestypischste Beispiel für die junge Kunstszene der Transkei in der Gegenwart.

 

 

 

Kareat:

geheimnisvoll windend sich selbst verschraubend und verdrehend ist das amerikanische "Turnpike-Turn-Syndrom" die angemessene Übersetzung für diese Skulptur in unsere westliche Hermeneutik. Dabei ist die verdrehte Drehung kein Dreh zum reinen Selbst, sondern auch zum Du in uns und im Anderen, gerade durch das Andere aus der immer wieder anderen Richtung.

 

 

 

Hanulak:

dem hawaiianischen "hang loose" nicht nur lautmalerisch verwandt bedeutet das "sich der eigenen Möglichkeiten bewusst Seiende entspannte So Sein" Die linear-liegend situierte Plastik zeigt bei gleichzeitiger spannungsvoller Entspanntheit eine Dialektik diametral entgegengesetzter Werte, ohne die ein moderner Mensch jedoch weder tätig noch untätig seinen Ansprüchen gerecht zu werden vermeint

 

 

 

Waril:

Kraft, Klarheit, Wahrheit, letztlich auch ein in unserer Wahrnehmung verschüttetes Gefühl der positiv-konstruktiven Männlichkeit, strahlt die kompakt sich in würdevoller Stärke präsentierende Plastik aus, deren Bezeichnung aus dem bulgarischen Nationalepos "Kirin hai kopp Waril" entnommenen Namen des Hauptprotagonisten das kraftvoll, klare Tun in unsere arbeitslose Gesellschaft hineinbringt.